Mild, Moderate, Intense, Libidinous – Die 4 Typen romantischer Liebe: Was sie bedeuten und was wir daraus lernen können
- Anna Wilitzki
- 17. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Ein wissenschaftlich fundierter Blogbeitrag aus Sicht einer Paartherapeutin und Psychologin
Romantische Liebe ist eines der faszinierendsten und zugleich komplexesten Gefühle, die wir Menschen erleben können. Doch wie unterschiedlich wir lieben, war bisher selten Gegenstand systematischer Forschung. Eine aktuelle, groß angelegte Studie der Australian National University bringt nun Licht ins Dunkel: Sie identifiziert vier klar unterscheidbare Typen romantischer Liebender – mild, moderat, libidinös und intensiv. Was verbirgt sich hinter diesen Kategorien? Und was bedeuten sie für unser eigenes Liebesleben?
Die vier Typen romantischer Liebe im Überblick

1. Mild romantisch Liebende
Diese Gruppe macht etwa 20 % der Befragten aus. Mild Liebende zeichnen sich durch die niedrigsten Werte in allen Bereichen aus: Ihre Liebe ist wenig intensiv, sie denken selten obsessiv an ihre:n Partner:in, zeigen wenig Bindung und haben die geringste sexuelle Aktivität. Interessanterweise haben sie am häufigsten in ihrem Leben geliebt, aber ihre Beziehungen sind meist von kurzer Dauer und sie verlieben sich erst spät nach Beginn einer Partnerschaft. Die Zufriedenheit in der Beziehung ist hier am niedrigsten.
Typische Merkmale:
Wenig intensive Gefühle
Kaum „verliebtes Grübeln“
Geringe Bindungsbereitschaft
Selten Sex
Häufig wechselnde Beziehungen
Überwiegend männlich und heterosexuell
2. Moderate romantisch Liebende
Mit rund 41 % ist dies die größte Gruppe. Moderate Liebende zeigen eine eher durchschnittliche Ausprägung aller Merkmale: Die Liebe ist nicht besonders leidenschaftlich, aber auch nicht distanziert. Sie denken wenig obsessiv, sind aber sehr verbindlich und haben eine moderate Häufigkeit an sexuellen Begegnungen. Sie gelten als „unauffällig“, sind oft zufrieden und streiten wenig.
Typische Merkmale:
Durchschnittliche Intensität
Kaum obsessive Gedanken
Hohe Bindungsbereitschaft
Sexuelle Aktivität im Mittelfeld
Wenig Konflikte, hohe Selbstsicherheit
Etwas mehr Männer als Frauen
3. Libidinöse (lustbetonte) romantisch Liebende
Diese Gruppe ist mit knapp 10 % die kleinste, aber auch die auffälligste: Libidinöse Liebende erleben eine hohe Intensität, denken viel an ihren Partner oder ihre Partnerin, sind sehr verbindlich – und haben außergewöhnlich häufig Sex (im Schnitt zehn Mal pro Woche!). Sie sind oft abenteuerlustig, reisen gern, geben mehr Geld aus und rauchen häufiger. Auffällig: Sie berichten von der niedrigsten Angst und Depression, aber auch von einer hohen Lebensenergie.
Typische Merkmale:
Sehr hohe Intensität und Leidenschaft
Viele sexuelle Begegnungen
Hohe Bindung und Verbindlichkeit
Abenteuerlust, Genussorientierung
Wenig Ängste, viel Energie
Leicht mehr Männer als Frauen
4. Intensive romantisch Liebende
Etwa 29 % der Befragten gehören zu den Intensiven. Sie sind die „Head over heels“-Typen: Ihre Liebe ist extrem leidenschaftlich, sie denken ständig an ihre:n Partner:in, sind sehr verbindlich und haben eine hohe, aber nicht exzessive sexuelle Aktivität. Sie verlieben sich oft schon, bevor eine Beziehung beginnt, und erleben selten unerwiderte Liebe. In dieser Gruppe finden sich mehr Frauen, sie sind besonders gewissenhaft und einfühlsam, meiden riskantes Verhalten und berichten von der höchsten Beziehungszufriedenheit.
Typische Merkmale:
Höchste Intensität und Leidenschaft
Starke Bindung, viel „verliebtes Grübeln“
Häufig Sex, aber weniger als die libidinöse Gruppe
Früh verliebt, selten unglücklich verliebt
Hohe Beziehungszufriedenheit
Mehrheit weiblich, hohe Empathie
Wissenschaftliche Hintergründe und Bedeutung
Diese vier Typen wurden anhand von Faktoren wie Liebesintensität, obsessiven Gedanken, Bindungsbereitschaft und sexueller Aktivität identifiziert. Die Studie zeigt: Menschen lieben unterschiedlich – und das ist vermutlich auch evolutionsbiologisch sinnvoll. Verschiedene Liebesstile könnten unterschiedliche Paarungs- und Bindungsstrategien widerspiegeln.
Wissenschaftlicher Aspekt 1:Die Vielfalt romantischer Liebe ist vermutlich ein Ergebnis evolutionärer Anpassung. Unterschiedliche Liebesstile ermöglichen es, sich flexibel an verschiedene Lebenssituationen und Partner:innen anzupassen.
Wissenschaftlicher Aspekt 2:Die Studie fand auch Zusammenhänge mit Persönlichkeitsmerkmalen: Intensive Liebende sind besonders gewissenhaft und empathisch, libidinöse Liebende eher abenteuerlustig und energiegeladen. Das unterstreicht, dass romantische Liebe eng mit der Persönlichkeit verknüpft ist.
Wissenschaftlicher Aspekt 3:Die Art, wie wir lieben, beeinflusst unsere Beziehungszufriedenheit. Intensive Liebende berichten von der höchsten Zufriedenheit, während milde Liebende am wenigsten zufrieden sind. Dennoch gibt es kein „besser“ oder „schlechter“ – jede Form kann in der passenden Konstellation erfüllend sein.
Was bedeutet das für dich und deine Beziehung?
Selbstreflexion: Erkenne, welcher Typ du (und dein:e Partner:in) bist. Das kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden und Erwartungen realistischer zu gestalten.
Akzeptanz: Es gibt kein richtig oder falsch. Jeder Liebesstil hat Stärken und Herausforderungen. Entscheidend ist, dass beide Partner:innen sich wohlfühlen und ihre Bedürfnisse kommunizieren können.
Kommunikation: Sprecht offen über eure Wünsche, Vorstellungen und Liebesbedürfnisse. So könnt ihr gemeinsam eine erfüllende Partnerschaft gestalten.
Weiterentwicklung: Liebesstile sind nicht in Stein gemeißelt. Sie können sich im Laufe des Lebens verändern – durch Erfahrungen, neue Beziehungen oder persönliche Entwicklung.
Fazit: Die Vielfalt der Liebe feiern
Die Forschung zeigt: Liebe ist nicht gleich Liebe. Es gibt viele Wege, sie zu erleben und auszudrücken. Ob mild, moderat, libidinös oder intensiv – jeder Stil hat seine Berechtigung und kann zu erfüllenden Beziehungen führen. Entscheidend ist, sich selbst und den eigenen Partner zu verstehen, offen zu kommunizieren und die eigene Liebesform zu akzeptieren.
Mein Tipp als Paartherapeutin:Nutze dieses Wissen als Anstoß zur Selbstreflexion. Frage dich: Wie liebe ich? Was brauche ich, um mich in einer Beziehung wohlzufühlen? Und wie kann ich meinem Partner oder meiner Partnerin begegnen, damit unsere Liebe wachsen kann – ganz gleich, zu welchem Typ wir gehören?
Quellen:Die wichtigsten Erkenntnisse stammen aus der groß angelegten Studie der Australian National University, veröffentlicht 2025, und weiteren aktuellen wissenschaftlichen Publikationen zum Thema romantische Liebe
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