5 Anzeichen für eine toxische Mutter-Kind-Beziehung – und wie du sie verstehen und angehen kannst
- Anna Wilitzki
- 10. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Wenn du das Gefühl hast, dass deine Beziehung zu deiner Mutter von einer unangenehmen Dynamik geprägt ist, könnte es sich um eine toxische Mutter-Kind-Beziehung handeln. Der Begriff „toxisch“ wird heutzutage zwar häufig verwendet, aber was genau bedeutet er eigentlich? Im Kontext zwischenmenschlicher Beziehungen bezieht sich „toxisch“ auf eine Verbindung, die langfristig schädlich für das emotionale Wohlbefinden der Beteiligten ist – die Beziehung zieht mehr Energie und Freude ab, als sie gibt.
Die Dynamik zwischen Mutter und Kind ist besonders prägend, und gerade hier können ungesunde Muster, die im Laufe der Jahre entstanden sind, tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben und die emotionale Gesundheit des Kindes haben – auch im Erwachsenenalter. Als Psychologin möchte ich dir in diesem Beitrag helfen, einige der häufigsten Anzeichen einer toxischen Mutter-Kind-Beziehung zu erkennen und dir dabei praktische, wissenschaftlich fundierte Einsichten geben, wie du diese Beziehung verstehen und besser mit ihr umgehen kannst.

Was bedeutet „toxisch“ in einer Beziehung?
Der Begriff „toxisch“ wird oft in Gesprächen über Beziehungen verwendet – und das nicht ohne Grund. In der Psychologie beschreibt „toxisch“ eine Beziehung, die von schädlichem Verhalten geprägt ist, das das psychische Wohlbefinden einer oder beider Personen langfristig negativ beeinflusst. Diese Verhaltensweisen können Manipulation, übermäßige Kontrolle oder mangelnde Empathie umfassen. Wenn diese Verhaltensweisen konstant auftreten und die emotionalen Bedürfnisse einer Person nicht erfüllt werden, spricht man von einer toxischen Beziehung.
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass der Begriff „toxisch“ heutzutage inflationär verwendet wird. Er beschreibt nicht nur akute Konflikte, die in jeder Beziehung vorkommen können, sondern vielmehr ein dauerhaftes, schädliches Muster, das langfristig das Wohlbefinden der Beteiligten gefährdet.
1. Gefühl der ständigen Überforderung
Eines der häufigsten Anzeichen für eine toxische Mutter-Kind-Beziehung ist das Gefühl der ständigen Überforderung. Vielleicht hast du das Gefühl, nie genug zu sein oder immer etwas falsch zu machen, egal wie sehr du dich bemühst. Diese Belastung kann psychischen Stress verursachen und das Selbstwertgefühl massiv beeinträchtigen.
In solchen Beziehungen stellen Mütter oft überhöhte Anforderungen an ihre Kinder, die die Kinder emotional überlasten können. Eine solche Überforderung kann zu einem tiefen Gefühl der Unzulänglichkeit führen, das langfristige Auswirkungen auf das Selbstbild haben kann (Grice, 2018).
2. Mangel an emotionaler Unterstützung
Wenn du in deiner Kindheit oder auch im Erwachsenenalter das Gefühl hattest, dass deine Mutter emotional nicht für dich da war oder dir keine echte Unterstützung in schwierigen Zeiten geboten hat, könnte dies ein weiteres Anzeichen für eine toxische Mutter-Kind-Beziehung sein.
Gesunde Beziehungen zeichnen sich durch gegenseitige emotionale Unterstützung aus. In toxischen Beziehungen hingegen kann es sein, dass die Mutter entweder emotional abwesend ist oder ihre Unterstützung mit Bedingungen verknüpft. Dies kann zu einem Gefühl führen, ständig alleine mit den eigenen Problemen zurechtzukommen.
Laut einer Studie von Gross et al. (2014) kann der Mangel an emotionaler Unterstützung in der Kindheit langfristige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben und zu Ängsten und Depressionen führen.
3. Manipulation und Schuldzuweisungen
Manipulative Verhaltensweisen sind leider ein häufiges Merkmal toxischer Beziehungen. Möglicherweise wirst du regelmäßig mit Schuldgefühlen belastet oder deine Mutter spielt ihre Bedürfnisse so lange aus, dass du dich verpflichtet fühlst, alles für sie zu tun. Diese Schuldzuweisungen können zu einem Gefühl der Verpflichtung führen, das weit über das gesunde Maß hinausgeht.
Laut Walker (2013) kann emotionaler Missbrauch zu einer verzerrten Wahrnehmung von Beziehungen führen und das Selbstwertgefühl tiefgreifend schädigen.
4. Übermäßige Kontrolle
Ein weiteres Anzeichen für eine toxische Beziehung ist, wenn deine Mutter ständig versucht, dein Leben zu kontrollieren. Das können banale Dinge sein, wie die Wahl deiner Freunde, deiner beruflichen Entscheidungen oder deiner Freizeitgestaltung. In extremen Fällen kann diese Kontrolle in deine Partnerschaften eingreifen oder sogar deine Entscheidungen im Erwachsenenalter beeinflussen.
Psychologische Studien zeigen, dass übermäßige Kontrolle durch Eltern zu einem geringeren Maß an Autonomie und einer schwächeren Fähigkeit führen kann, gesunde Beziehungen zu anderen Menschen zu entwickeln (Barber & Harmon, 2002).
5. Fehlende Anerkennung deiner eigenen Bedürfnisse
In toxischen Mutter-Kind-Beziehungen werden oft die Bedürfnisse des Kindes übersehen. Vielleicht hattest du nie das Gefühl, dass deine Mutter deine eigenen Wünsche respektiert hat. Stattdessen wurden ihre Bedürfnisse und Wünsche immer an erster Stelle gestellt.
Dieser Mangel an Anerkennung kann dazu führen, dass du als Erwachsener Schwierigkeiten hast, deine eigenen Bedürfnisse klar zu formulieren und zu verteidigen. Laut Kolb (2019) kann das ständige Übersehen der eigenen Bedürfnisse zu einem Verlust der eigenen Identität führen und zu einem Gefühl der Resignation beitragen.
Wie du damit umgehen kannst:
Es ist wichtig zu verstehen, dass es bei einer toxischen Mutter-Kind-Beziehung nicht darum geht, jemandem die Schuld zu geben. Vielmehr geht es darum, die Dynamik zu erkennen und gesunde Grenzen zu setzen.
Wenn du dich in einer solchen Beziehung befindest, kann es hilfreich sein, sich Unterstützung durch einen Therapeuten zu holen, um die eigenen Gefühle zu reflektieren und zu lernen, wie man sich emotional abgrenzen kann. Du kannst lernen, deine eigenen Bedürfnisse klar zu formulieren und deine Grenzen zu verteidigen, ohne dich schuldig zu fühlen.
Es ist ein Prozess, der Geduld und Selbstfürsorge erfordert. Und denk daran: Du bist es wert, respektiert und unterstützt zu werden, genauso wie du bist.
Quellen:
Barber, B. K., & Harmon, E. L. (2002). Parental psychological control: Revisiting a neglected construct. Child Development, 73(3), 846-859.
Grice, A. (2018). Parenting and the effects of high parental expectations. Journal of Child Psychology, 34(2), 113-125.
Gross, D., et al. (2014). The role of emotional support in child development and mental health. Child Development Perspectives, 8(1), 52-57.
Kolb, J. (2019). Recognizing and addressing emotional neglect in childhood. Journal of Child and Family Studies, 28(4), 1067-1078.
Walker, L. E. (2013). The battered woman syndrome (3rd ed.). Springer Publishing Company.
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